Anpassung oder Gesamtnichtigkeit des Vertrages bei Wucher?
Es macht einen großen Unterschied, ob nach einer Anfechtung eines Vertrages wegen Wuchers dieser als Ganzes als nichtig anzusehen ist, oder er als solches aufrecht bleibt und nur die betroffene Passage korrigiert wird.
Der OGH hat in seiner Entscheidung 7 Ob 115/16m dazu Stellung genommen.
Der Kläger focht einen Rechteeinräumungsvertrag mit dem Liegenschaftseigentümer wegen Wuchers an, wollte allerdings nicht die Auflösung des Vertrages, sondern nur dessen Teilnichtigkeit, um die Liegenschaft weiter zu angemessenen Konditionen nützen zu können. Zwar bejahte der OGH den Wucher, da der Vertrag unter Ausnutzung einer Zwangslage zu unverhältnismäßigen Konditionen abgeschlossen wurde, verneinte allerdings die Teilnichtigkeit. Somit müsste das gesamte Geschäft rückabgewickelt werden.
Generell ist ein Vertrag gem. § 879 Abs. 2 Z 4 ABGB wegen Wuchers nichtig, wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einen Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren lässt, deren Vermögenswert zu dem Wert der Leistung in auffallendem Missverhältnis steht.
Für die Anfechtbarkeit müssen aber einige Voraussetzungen gegeben sein, nämlich ein auffallendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, welches der Begünstigte gekannt haben muss. Darüber hinaus müssen gewisse Verhältnisse und Eigenschaften beim Benachteiligten dazu geführt haben, dass er seine Interessen nicht gehörig wahren konnte.
Der Gesetzgeber hat nach Auffassung des OGH klar zum Ausdruck gebracht, dass bei Vorliegen des Wuchertatbestandes eine Vereinbarung gesamtnichtig sei. Natürlich gibt es, wie so oft, auch davon Ausnahmen, wie beispielsweise bei Darlehens- oder Kreditverträgen. Eine analoge Anwendung dieser Ausnahmen lehnte der OGH im gegenwärtigen Fall jedoch ab.